„Aber wir, Deine Kinder …“

2021 erschienen, längst als Taschenbuch erhältlich: Tóibíns Mann-Biographie

Wer im Thomas-Mann-Jahr mehr über Thomas Mann erfahren will: der ist mit dem Biographie-Roman des irischen Autors Cola Tóibín gut beraten. Titel: „Der Zauberer“.

Der Roman setzt 1891 ein, mit dem Tod des Vaters. Die Mutter siedelt jetzt von Lübeck nach München, Mann soll nachkommen, aber erst das Abitur machen. Das macht er dann bekanntlich nicht.

Hier, in München, arbeitet er bei einer Versicherung, schreibt aber heimlich in der Arbeitszeit. Und angelt sich die schönste, klügste, reichste Frau der Stadt – Katia Pringsheim.

Tóibín schafft es, die nötige Distanz zu seinem Protagonisten zu bewahren, er beschreibt, wie Thomas Mann im Exil in Frankreich erfährt, dass jetzt auch Erich Mühsam, der Anarchist und Literat, in Haft ist.  „Als er allein in seinem Zimmer saß, kam ihm der Gedanke, dass er die Öffentlichkeit … zwar durchaus für Mühsams Fall interessieren könnte, aber damit seine Lage vielleicht sogar noch verschlimmern würde. Vielleicht würde es doch besser sein, nichts zu unternehmen.“ Im Juli 1934 wurde Mühsam von den Nazis ermordet.

Ansonsten zu lesen: wie Mann es doch noch schafft, seine Tagebücher aus dem Haus in München, in das er von einer Reise im Frühjahr 1933 nicht mehr zurückkehren hatte können, zu retten. Wie er und Katia sich einfinden in den USA, wie die älteren beiden Kinder es krachen lassen. Drogen nehmen. Keinen Halt finden. Wie feindselig Mann nach dem Krieg beim ersten Deutschland-Besuch empfangen worden ist. Die Amerikaner hatten ihn hindern wollen daran, auch Ostdeutschland zu besuchen. Er machte es trotzdem.

Dann bringt sich ihr ältester Sohn, Klaus, um, und die Eltern sind bei der Beerdigung nicht dabei. Später schreibt Michael, der Jüngste, dem Vater: „Ich erinnere mich, wie schroff seine Ansichten von Dir bei Tisch abgetan wurden, und ich erinnere mich an seine Verletztheit, als er erkennen musste, dass Du seine Ansichten als unwichtig ansahst. Ich bin mir sicher, dass die Welt Dir für die ungeteilte Aufmerksamkeit dankbar ist, die Du stets Deinen Büchern geschenkt hast, aber wir, Deine Kinder, bringen Dir keinerlei Dankbarkeit entgegen …“