„Denk an dein ganzes Leben!“

Geschichten werden meist in Worten erzählt, aber man kann ein Leben natürlich auch an Fotos ablesen beziehungsweise: von einem Menschen und dessen Erfahrungen berichten, indem man ihn fotografiert. Genau das macht seit langem der Fotograf Martin Waldbauer, der aus dem Bayerischen Wald kommt. Er fotografiert ausschließlich analog, und die Abzüge vergrößert er selbst, wobei er nur altes Barytpapier benützt, also Papier-Papier. Und natürlich dabei auch viel experimentiert.

Sein Material ist teuer, weshalb er, wenn er jemanden portraitiert, nicht, wie heute üblich, x Bilder macht, in der Hoffnung, das Perfekte sei dann schon dabei. Er arbeitet mit Mittel- und Großformatkameras. Ehe er auf den Auslöser drückt, hat er nicht nur die ideale Belichtung gemessen, sondern er sagt seinem Gegenüber dann auch: „Denk an dein ganzes Leben!“

So entstehen Bilder von unglaublicher Tiefe, die gleichzeitig unglaublich scharf sind – man hat das Gefühl, sie zeigen mehr Falten, Brüche, Unebenheiten, als der Fotografierte gehabt haben kann. Für Waldbauer sind die Bilder dann gültig für die jeweils nächsten 30 Jahre. Gerade hat er eine Ausstellung im Gautinger Bürger- und Kulturhaus Bosco, sie heißt „Spuren der Zeit“ und wurde 2022 schon in der Nähe von Passau gezeigt – dort habe ich sie gesehen. http://martinwaldbauer.com

Die Ausstellung geht bis zum 17. Februar 2023, Oberer Kirchenweg 1.