2023 ist ja Brecht-Jahr, der große B. B., geboren 1898, wird 125. Kurt Idrizovic, Inhaber der Brecht-Buchhandlung in Augsburg, Brecht-Fan und Brecht-Experte, hat deshalb gleich am 1. Januar einen Brecht-Spaziergang angesetzt – da bin ich natürlich mitgegangen, Silvester in der Nacht zuvor hin oder her. Ja, hat sich gelohnt, mehr als das. Augsburg war für Brecht Werkstatt, er ist in der Stadt am Lech geboren, aufgewachsen, hat dort vorwiegend gelebt, bis er 24 war. Der „Baal“ ist dort entstanden. Und als er sich im Exil vor dem McCarthy-Ausschuss rechtfertigen musste dafür, der Sowjetunion zwischenzeitlich den besseren Staat zugetraut zu haben, fing er seine Ausführungen so an: „I was born in Augsburg“.
1928, das weiß man, wurde aber beim Spaziergang nochmal wiederholt, hatte Brecht seinen Durchbruch – mit der „Dreigroschenoper“. Er war 30. Die „Trommeln in der Nacht“ waren in München längst uraufgeführt worden. Die „Hauspostille“, die „Augsburger Bibel“ mit den frühen Gedichten, gab es auch schon. Ab 1933 war sein Leben eine einzige Flucht, die – mit der Weigel und diversen Geliebten im Gefolge – über Prag, Wien, Zürich, Paris, Dänemark, Schweden, Finnland, die Sowjetunion schließlich in die USA führte.
Kurt Idrizovic trug unterwegs viele Gedichte, Texte, Lieder von Brecht vor, er las aus den Erinnerungen der „Bi“, Paula Banholzer, Brechts Jugendliebe und erster Frau, die von ihren ersten gemeinsamen Nächten mit ihm berichtet – er kommt nicht schlecht weg dabei. Dann ging’s in den „Roten Hahn“, der die Grenze zum Rotlichtviertel von Augsburg markiert und in einem Einakter von Brecht eine Rolle spielt – dort bekam man noch ein paar Lieder und Balladen gesungen, unter anderem das „Lied von der Unzulänglichkeit“, außerdem die Vertonung seines berühmtesten Gedichtes, „Erinnerungen an die Marie A“. Das ist das mit der Wolke, „die ich lange sah“ – „sehr weiß und ungeheuer oben“.
Hinterher konnte man sich noch erzählen lassen, wie gut sich Brecht in der Bibel auskannte und feststellen, dass es natürlich kein Zufall ist, welche Kraft seine Sprache hat. Dann? Bekam man von Kurt Idrizovic noch einen Brecht-Keks geschenkt. Besser kann ein Jahr nicht anfangen.
Falls jemand schon immer mal nach Augsburg fahren wollte: Die Buchhandlung am Obstmarkt hat heuer noch ein paar Brecht-Veranstaltungen im Programm.