Das hatte ich unbedingt machen wollen: im Brechtjahr, das gerade zu Ende geht, nach Berlin zu fahren. Um dort das Brecht-Haus zu besichtigen. 1953 ist Brecht dort eingezogen, Helene Weigel kam ein Jahr später nach. Er starb in der Chausseestraße dann wieder zwei Jahre später – und zwar wohl nicht, wie es immer heißt, an einem Herzinfarkt, sondern an einer Herzentzündung. Anscheinend hatten ihm die Ärzte erlaubt, das Penicillin zu früh abzusetzen.
Im Haus ist ein Großteil seiner 4000-bändigen Bibliothek aufbewahrt, außerdem stehen dort die Portraits von Marx und Engels, die er eben auch selbst dort stehen gehabt hat. Ansonsten werden die Räume gegliedert von den insgesamt sieben Schreibtischen, an denen er parallel arbeitete, an verschiedenen Projekten. Auf jedem Schreibtisch ein Aschenbecher, manchmal, wenn es ihm zu voll wurde, weil er viel Besuch bekam, zog er sich in die Teeküche zurück. Auf einem Sims auch ein Bild von Lenin.
Brecht war Frühaufsteher, auch das erfährt man im Brecht-Haus, falls man es noch nicht gewusst hat. Die Frau, die mich durch das Anwesen geführt hat, man muss im Brecht-Haus eine Führung buchen, meinte, sie hoffe, auch Helene Weigel hätte Liebhaber gehabt. So wie ja auch Brecht ihr nie treu gewesen ist. Auch nach Brechts Tod zog sie nicht einfach in seine Wohnung. Sie ließ die Wohnung, wie sie war, gründete in den Zimmern, die sie vorher bewohnt hatte, das Brecht-Archiv und siedelte um ins Erdgeschoss. In der Küche stehen noch ihre Kochbücher, sie war ja eine hervorragende Köchin. Sie überlebte Brecht um 15 Jahre.
Gleich neben dem Brecht-Haus in der Chauseestraße 125 ist der Dorotheenstädtische Friedhof, auf dem die beiden begraben sind. Wie auch Heinrich Mann, Herbert Marcuse, Christoph Meckel. Auf dem Grabstein von Marcuse steht: „weitermachen!“