Ich hab jetzt endlich die Erinnerungen von Carl Zuckmayer, die ungefähr 30 Jahre lang im Regal standen, gelesen. Gern gelesen, sehr gern sogar. Auch wenn er zwischendurch, fand ich, ein wenig zu nachsichtig mit Deutschland und den Deutschen ist.
Die NS-Zeit hat er erst in Österreich, wo er sich von den Tantiemen vom „fröhlichen Weinberg“, der ein Wahnsinns-Erfolg gewesen ist, eine Mühle gekauft hatte, dann in der Schweiz, dann in Amerika überlebt. Er war unheimlich vernetzt, viele Freunde wurden ermordet, manche verbündeten sich aber auch mit den Machthabern – einen von ihnen hat er in seinem Stück „Des Teufels General“ verewigt. Der Mann nahm sich, da hatte der NS-Staat die tiefsten Abgründe noch gar nicht offenbart, das Leben.
In Amerika konnte Zuckmayer nicht schreiben, er wurde Farmer, kämpfte gegen Wanderratten, zog Zäune, stand nachts auf, um Holz nachzulegen, damit das Wasser nicht einfriert im Haus. Hatte Hühner, Gänse, Ziegen. Am Ende der umfangreichen Rückschau zitiert er einen wunderschönen Satz, der auf dem Bürgerbrief stand, mit dem die Leute aus Saas-Fee in der Schweiz, wo er sich nach Ende des Kriegs, nach der Rückkehr aus Vermont, niederließ mit seiner Frau, ihn, wie er schreibt, „in ihrer Mitte aufnahmen“. Der Satz heißt: „Ewige Rechte und ewige Freundschaft soll man bestätigen und befestigen mit Schrift, weil im Laufe der Zeit vergangener und vergänglicher Dinge bald vergessen wird.“
Er könnte auch über jeder Biographie stehen.
Aber auch der letzte beziehungsweise vorletzte Satz von Zuckmayer ist sehr berührend, er bezieht sich auf Saas-Fee und geht so: „Ich habe Nachbarn, ich habe Freunde gewonnen in diesem Ort, und ich weiß in der ganzen Welt meine Freunde und ihre Gräber. Wo diese sind, bin ich zu Hause. Hier und überall.“